Mir liegt die „Sonderausgabe“ vor, vom Rowohlt-Verlag. Ein schönes dickes Buch mit einem festen Umschlag.

Die Widmung ist: „Für Colin und Brendan“.

Kapitel I: „Das Bostoner Mercy Hospital“.

Der erste Satz lautet: „Garps Mutter, Jenny Fields, wurde 1942 in Boston festgenommen, weil sie einen Mann in einem Kino festgenommen hatte.“ (S. 9).

Der allwissende Erzähler beschreibt die Familiengeschichte der Mutter, die Familie hat ihr Geld mit „Schuhen“ gemacht. Sie hat ein hohes moralisches Ethos, denn im Zug von Boston nach „Dog’s Head Harbor“ in New Hampshire sollte man sich nach dem Willen ihres Vaters immer auf die Seite mit der häßlicheren Seite stellen, weil er „fand, daß alle Fields gezwungen sein sollten, die schmutzige Quelle ihrer Unabhängigkeit und ihres besseren Lebens zu betrachten.“ (S. 11).

Es wird der Prozeß der Entfremdung von ihrer Familie beschrieben, ihre Eltern wollten sie wohl gut verheiraten, sie wechselte aber das Studienfach zu „Krankenschwester“ – ihre Familie war in den Prozeß verwickelt, sie zu „entkennen“. Sie dachte, falls „sie selber je Kinder hätte, würde sie sie, wenn sie zwanzig waren, nicht weniger lieben, als wenn sie zwei waren“ (S. 13).

Die Übersetzung wirkt etwas unbeholfen. „Peterwitze waren nichts für Jenny, die von dem Thema nichts mehr wissen wollte. Sie hatte gesehen, in was für Schwierigkeiten man durch so einen „Peter“ kommen konnte; Kinder waren noch nicht das Schlimmste“.

Die Handlung spielt im Jahr 1942, ein Soldat faßt ihr im Kino unter ihr Schwesternkleid (S. 17), sie schlitzte seinen Arm mit einem Skalpell auf. Ihre Brüder, beide Juristen, standen ihr bei – fallengelassen wurde die Sache aber, weil der Soldat Frau und Kind hatte in New York (unklar ob State oder City, S. 19). Ihre Brüder dachten, sie hätte etwas mit ihm gehabt, sie sagte „Ich bin ein anständiges Mädchen“. Einer ihrer Brüder fügte hinzu „Und laß Dich nicht mit Soldaten ein“, er würde in wenigen Monaten selbst einer sein und nicht aus dem Krieg heimkehren, was ihrer Mutter das Herz brechen würde (S. 20).

„Garp“ taucht das erste Mal auf Seite 20 auf. „Das war natürlich der Anfang des Buches, das Jenny Fields viele Jahre später berühmt machen würde. Ihre Autobiographie, hieß es, überbrücke bei aller Ungeschliffenheit die übliche Kluft zwischen literarischem Verdienst und Popularität, obwohl Garp behauptete, das Werk seiner Mutter habe „den gleichen literarischen Wert wie der Versandkatalog von Sears Roebuck“.“

Das Buch hieß „Eine sexuell Verdächtige. Die Autobiographie von Jenny Fields“ (S. 24).

Garps Mutter wollte nur ein Kind, keinen Mann. Sie war selbstbewußt und abweisend den Verehrern gegenüber. Von der Neugeborenenstation wurde sie aus Mißgunst der Kollegenschaft in die Intensivstation versetzt. Dort waren viele Kriegsversehrte, einen wählte sie aus: „Technical Sergeant Garp, der verstorbene Schütze […] diente bei der achten Luftflotte – der Luftflotte, die von England aus den Kontinent bombardierte“. (S. 27). „Garp war Waise“ (S. 28). Er saß im MG-Turm eines Flugzeugs und sein Gehirn wurde durch Granatsplitter verletzt (S. 30), wodurch er wichtige kognitive Fähigkeiten verlor. Er konnte nur noch „Garp“ sagen. Er entwickelte sich zurück zum Säugling (S. 35). Sie setzte sich auf ihn (S. 37) und er sagte noch einmal „Gut“. (S. 37). Mit der Schwangerschaft verlor sie ihre Stellung (S. 38). Und sie nannte ihren Sohn „T.S. Garp“.

2. Blut und Blau (S. 41)

[das Buch durchgeblättert, es ist etwas vulgär, Vergewaltigungsszenen, Tötungen]

Das Ende: „Garp starb, ehe man ihn aus dem Ringraum tragen konnte. Er war dreiunddreißig“ [S. 601]

Erster Eindruck: Das Buch wirkt sehr inhaltsreich, es kommt sehr viel Geschlechtlichkeit und Gewalt und Tod vor und ist in Teilen philosophisch, aber in anderen Teilen auch recht viel „action“.

Nach einer Nacht darüber schlafen: Erst nach der Teil-Rezension habe ich mir den Wikipedia-Artikel durchgelesen, das halte ich immer so. Es sind sicher autobiographische Elemente enthalten, z.B. die Beschreibung der Bomberflugzeuge und des tückischen MG-Anhängsels. Mir kommt auch die Geschichte, daß „Vater Garp“ ständig masturbiert nach dem Hirnschaden, so vor, als ob sie erzählt worden sei. Auch die Einteilung der Versehrten in die vier Gruppen. Man kann das Buch auch als Antikriegsbuch lesen – gerade in der heutigen Zeit. Ich frage mich jeden Tag, wo die pazifistische Bewegung geblieben ist und warum die Schrecken des Krieges nicht drastischer und allgemeiner präsent sind. Vor diesem Hintergrund werte ich das Buch wieder etwas hoch.

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