Kaum zu glauben, aber wahr: Die dänische Post wird die Briefzustellung einstellen. Unter https://www.postnord.dk/en/postnord-will-deliver-its-final-letter-at-the-end-of-2025/ ist zu lesen:

PostNord will deliver its final letter in Denmark at the end of 2025 and focus its business on one core service from 2026: Parcels. Our goal is to become the Danes‘ preferred parcel courier. We want to be the very best where Danes need us – and that’s in parcels.

Somit ist es eindeutig – und wie von mir immer wieder vorhergesagt: Die Kosten für die Sozialsysteme sind so hoch, daß der Staat seine eigenen Kernaufgaben mehr und mehr vernachlässigt. In meinen Augen sind dies auch Exklusionsmechanismen. Denn natürlich nutzen viele inzwischen das Internet, um Nachrichten auszutauschen. Aber im Alter, wenn die Sehkraft nachläßt, die Technikaffinität vielleicht noch nie da war, wie soll dies dann funktionieren? Das Schweigen der Soziologie zu diesem Thema verblüfft mich immer wieder.

Was passiert mit den Briefmarken?

  • „We’ve made sure that all postal labels purchased in 2024 – or to be purchased in 2025 – can be refunded for a limited time in 2026 if you don’t use them in 2025. We’ll let you know more about how you can do this as soon as possible.“

Die Briefkästen werden relativ zügig abgebaut:

  • „On 1 June 2025, we will begin removing the 1,500 mailboxes that are currently located around the country. We expect all mailboxes to be removed no later than 31 December 2025. The mailboxes that have not been removed can still be used. It will be marked on each mailbox well in advance when it will be removed.“

„Postnord“ operiert in Schweden und in Dänemark. Aber nur in Dänemark erfolgt die Einstellung offenbar:

  • „The decision will not affect our activities in the parcel market in the countries where PostNord operates, and PostNord’s activities in the letter market will continue unchanged in Sweden.“

Durch die „Privatisierung“ gibt es aber andere Konkurrenzunternehmen, die sozusagen in die Bresche springen können. Aus den „FAQ“:

  • „Throughout 2025, you will receive letters as usual with PostNord, but from 1 January 2026, it will no longer be PostNord, but other actors on the market, who delivers letters to Danes.“

Meine Position ist seit Beginn der „Privatisierung“ unverändert: Aus volkswirtschaftlicher Sicht nicht sinnvoll. Eine moderne Gesellschaft ist so strukturiert, daß bestimmte „Allmende“-Güter letztlich von der Allgemeinheit zu tragen sind. Dazu gehört vieles, was zur „öffentlichen Daseinsfürsorge“ gehört: Es ist nur ein Wasseranschluß sinnvoll. Es ist nur ein Abwassersystem sinnvoll. Es ist nur ein Straßennetz sinnvoll. Es ist nur ein Gehweg vor dem Haus sinnvoll. Der Unterschied zum Postwesen ist, daß das Postwesen auf verschiedene Arten organisiert werden kann. Es wurde – und das ist geschichtlich gewachsen – oft über Beamte realisiert. Das bedeutet, da man Beamte nicht entlassen kann, müssen diese Kosten aufgefangen werden. Mir fehlt seit Jahren eine belastbare Berichterstattung dazu in Deutschland. Aber es ist in meinen Augen absolut klar, daß dies in Deutschland über Steuergelder aufgefangen werden mußte, denn die ehemalige Reichspost und die Bundespost hatten viele Beamte, die ja irgendwie weiter bezahlt werden mußte. Wenn man dies sauber ausrechnet, ist es in meinen Augen unmöglich, daß sich die „Privatisierung“ summa summarum „rentiert“ hat. Ganz im Gegenteil. All dies trug auch dazu bei, die Steuerlast immer weiter zu erhöhen. Bei aller Recherche habe ich noch keine wirklich belastbaren Zahlen dazu finden können. Ein volkswirtschaftlicher tragbarerer Weg wäre in meinen Augen gewesen, einen langfristigen Plan aufzustellen, z.B. „in 50 Jahren soll die Bundespost privatisiert werden“. Sobald der Plan umgesetzt wird, wird kein Mitarbeiter mehr neu verbeamtet. Der Vorteil wäre gewesen, daß in den 50 Jahren sehr viele Pensionen über die Bundespost abgewickelt worden wären – und nicht über andere „Töpfe“, wie es immer so schön heißt. Auch hätte der Bund dann die Beamten an anderer Stelle einsetzen können. Angenommen, der jüngste Mitarbeiter wäre im Lebensalter von 20 Jahren verbeamtet worden, wäre er 70 Jahre, wenn dann die Privatisierung vollzogen worden wäre. Es müssen gigantische Summen gewesen sein – und nach wie vor zum Teil immer noch bezahlt werden, eigentlich müßte dies im Bundeshaushalt auftauchen – die vom deutschen Steuerzahler zur Alimentierung der Beamten aufzubringen waren und sind. Es wundert mich auch, daß das Kartellamt und die EU dies genehmigt haben, denn es ist klar, daß z.B. die Postbank, die inwischen ja zur „Deutschen Bank“ gehört, mit der Abnahme dieser „Altlasten“ durch den Steuerzahler einen Vorteil hat. Die öffentlichen Telefonzellen wurden nun in Deutschland auch stillgelegt, stehen aber noch „in der Gegen“ herum.

Wie daraus ein Vorteil für die Bevölkerung ein Vorteil entstehen kann, entschließt sich mir nicht. Auch, daß die Bevölkerung das einfach so hinnimmt. Das Postwesen gehört in meinen Augen zu den einzigartigen kulturellen Errungenschaft. Aber es gibt wenige, die dies so erkennen oder sehen. In meinem Umfeld werde ich von niemandem darauf angesprochen, niemand protestiert. In meinen Augen ist dies ein Fehler erster Ordnung, d.h., ein entscheidender für jeden erkennbarer offensichtliche Fehler, der schwere Konsequenzen nach sich ziehen wird.

Die Geschichte der dänischen Post ist unter https://de.wikipedia.org/wiki/Postgeschichte_und_Briefmarken_D%C3%A4nemarks nachzulesen und äußerst ernüchternd. Im Rückblick fragt man sich, warum die Aktien nicht an die dänischen Bürger verteilt wurden.

Es gibt wohl noch einen Konkurrenzanbieter, „dao„, über den Briefe zugestellt werden können. Es geht somit eigentlich nur die Geschichte der ursprünglich königlich-dänischen Post zu Ende. Postkarten und Briefe aus dem Ausland müßten dann wohl von „dao“ übernommen werden, aber dazu konnte ich noch nichts finden.

Aus philatelistischer Sicht wird Dänemark ein abgeschlossenes Sammelgebiet – jedenfalls nach meiner Einschätzung, denn „Privatpost“ gehört eigentlich nicht zu den „anerkannten“ Sammelgebieten. Wobei dies auch Auslegungs- und Definitionssache sein dürfte.

Aus soziologischer Sicht wird eine neue Volte im Prozeß der „reflexiven Modernisierung“ geschlagen. Die Soziologie sollte sich in meinen Augen mehr mit der Geschichte dieser kulturellen Errungenschaften beschäftigen und diese systematisch untersuchen. Die Einstellung von Radiosendungen über Kurzwelle gehört z.B. wohl auch dazu. Auf alten Radios sieht man noch die Verteilung der weltweiten Sender über die Skala. Heute sind kaum mehr „westliche“ Länder auf der Kurzwelle zu finden.

Kulturgeschichtlich geht die Ära des „Briefeschreibens“ zu Ende. Auch in Deutschland läßt sich beobachten, daß ein Brief immer teurer wird. Als ich klein war, kostete ein „normaler“ Brief 40 Pfennig. Handschriftliche Briefe werden der Vergangenheit angehören. Postkarten wird es nicht mehr geben. Überhaupt der Versand von Druckwerken, Werbung, Broschüren, Katalogen etc. oder kleinen Waren (Ersatzteile) wird nicht weiter möglich sein. Ganze Geschäftsmodelle werden zusammenbrechen.

Aus finanzwirtschaftlicher Sicht möchte ich nach wie vor die These bekräftigen, daß die IT kein

„Kostensenker“ ist. Vielleicht (das ist eine reine Vermutung, ich habe hierzu noch nichts finden können, aber wenn ich mir die Verlustzahlen so ansehe, frage ich mich, wie denn der Kostenblock im operativen Geschäft zusammengesetzt ist) wäre die dänische Post finanziell besser aufgestellt, wenn man komplett auf die Digitalisierung verzichtet hätte. Denn IT kann teuer sein, sehr teuer. Gerade extern „eingekaufte“ IT. Vor allem, wenn sie ohne finanzielles Konzept „eingeführt“ wird. Die Kosten explodieren „nach hinten“, ich habe das bei vielen Kunden selbst miterlebt. Die Einführung von Software mit teuren Lizenzverpflichtungen kann existenzgefährdend für eine Firma werden. Gute alte betriebswirtschaftliche Rechnungen wurden allzuoft nicht angestellt. Manchmal bin ich fassungslos, wenn ich dem Kunden vorrechne, wieviel er an Lizenzen bezahlen muß und ich sehe, der Kunde hat absolut keinen Überblick. Oft frage ich mich, wie konnte es nur soweit kommen. Meine Empfehlung ist grundsätzlich, Software für den „Kern-Geschäftsbereich“ selbst zu entwickeln und absolut langfristig zu denken.

Aus organisationssoziologischer Sicht ist vielleicht noch anzumerken, daß die Mehrheit der Bevölkerung den aktuellen Kurs immer weiter trägt und diese Entscheidungen durch ihr Wahlverhalten ex post legitimiert hat. Um so älter ich werde, umso mehr teile ich den Gedanken, daß die Demokratie eine unvollkommene Staatsform ist – aber auch mir fällt keine bessere ein.

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